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Textbeschreibung
Die Aufgabenstellung gibt den kontextuellen Rahmen sowie die Arbeitsanweisung an. Der zu korrigierende Text ist von mittlerer Länge und Komplexität. Er beinhaltet relativ einfache syntaktische Strukturen (Haupt- und Nebensatzkonstruktionen) und einen gebräuchlichen Wortschatz.
Mit der Aufgabe wird geprüft, ob die Schülerinnen und Schüler einen Text eigenständig hinsichtlich der darin enthaltenen Orthografiefehler überprüfen können. Über das Auffinden der Fehler hinaus erfordert die Bearbeitung der Aufgabe auch Entscheidungen hinsichtlich der Richtigschreibungen, da nur dann für eine Einheit (einen Auswertungsbereich) ein Punkt vergeben wird, wenn ausschließlich der Fehler markiert wurde. Dies entspricht einer authentischen Vorgehensweise, da bei der Korrektur von Texten nur tatsächliche Fehler erkannt werden dürfen. Bei der Erprobung der Aufgabe hat sich aber herausgestellt, dass diese Tatsache hier nicht nennenswert zur Schwierigkeit einzelner Einheiten beiträgt.
Dennoch können fälschlicherweise markierte Richtigschreibungen – insbesondere, wenn eine Systematik erkennbar ist – den Lehrerinnen und Lehrern wichtige Hinweise auf falsche Eigenregeln geben, die die Schülerinnen und Schüler gebildet haben. Diese falschen Eigenregeln sollten im Unterricht ebenfalls thematisiert werden.
Die Fehlerstellen im Text betreffen die folgenden Lupenstellen und orthografischen Prinzipien:
Graphemauswahl (phonografisches Prinzip):
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späteres (*speteres): Die Schreibung von <ä> statt <e> ist darin begründet, dass der zugrundeliegende Laut und nicht /e:/ ist. Die Unterscheidung zwischen <ä> und <e> ist nur bei kurzen, betonten Vokalen (Ecke vs. Säcke) wirklich problematisch, da dort lautlich kein Unterschied erkennbar ist. Bei langen Vokalen wie dem hier vorliegenden ist der Unterschied hingegen klar hörbar.
Graphemauswahl (phonografisches Prinzip) / Vokallänge in der Mehrheit der Fälle:
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wieder (*wider) / ziemlich (*zimlich): Die Schreibung von <ie> statt <i> ist darin begründet, dass ein langes /i:/ i. d. R. mit <ie> verschriftet wird. Die Schreibweisen sind weitgehend automatisiert, eine gewisse Schwierigkeit könnte aber daraus resultieren, dass bei wieder eine Verwechslungsgefahr mit wider besteht. Letzteres stellt eine Ausnahme zum phonografischen Prinzip dar und ist weniger oft gebräuchlich. Im Falle von ziemlich könnte erschwerend wirken, dass die Aussprache der Schülerinnen und Schüler gegebenenfalls von der Standardaussprache mit langem /i:/ abweicht und stattdessen ein kurzes gesprochen wird.
Vokalkürze (silbisches Prinzip):
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schockiert (*schokiert): Die Schreibung von <ck> statt <k> ist darin begründet, dass das <ck> hier das Silbengelenk bildet, mit dem die erste Silbe geschlossen und der Vokal damit als Kurzvokal gekennzeichnet wird.
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Anwaltskanzlei (*Anwaltskantzlei), stolz (*stoltz): Die Schreibung von <z> statt <tz> ist darin begründet, dass bei Anwaltskanzlei die Silbe -kan- geschlossen ist. Dadurch wird der vorausgegangene Vokal bereits als Kurzvokal gekennzeichnet. Das Erkennen des Fehlers bei stolz fällt auch deswegen leicht, weil die Schreibung vermutlich automatisiert ist.
ss- / ß-Schreibung (silbisches Prinzip):
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großartig (*grossartig): Die Schreibung von <ß> statt <ss> ist darin begründet, dass das <o> für einen langen Vokal steht.
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außerdem (*ausserdem): Die Schreibung von <ß> statt <ss> ist darin begründet, dass der Diphthong <au> als Langvokal zu werten ist.
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schließlich (*schliesslich): Die Schreibung von <ß> statt <ss> ist darin begründet, dass das <ie> einen Langvokal kennzeichnet.
häufige Morpheme (morphologisches Prinzip):
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Entschluss (*Endschluss): Die Schreibung von <t> statt <d> ist darin begründet, dass es sich hier nicht um das Morphem end- (wie in End-e) handelt, sondern um das Präfix ent-. Schülerinnen und Schüler, die das Morphem nicht erkannt haben, können eine Sammlung von weiteren Wörtern mit dem Präfix ent- anlegen.
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Abschlusszeugnis (*Abschlusszeugniss): Die Schreibung von <s> statt <ss> ist darin begründet, dass es sich um das Morphem -nis handelt, das im Singular stets mit nur einem <s> geschrieben wird. Die besondere Schwierigkeit liegt darin, dass die Verlängerung Zeugnisse tatsächlich mit <ss> geschrieben wird. Die Schülerinnen und Schüler könnten also – in Analogie zu den Wörtern Biss, Kuss, Fass, etc. – davon ausgehen, dass auch hier ein <ss> im Singular geschrieben wird. Zur Weiterarbeit können an dieser Stelle weitere Wörter mit dem Suffix -nis gefunden werden (Ereignis, Verhängnis, Verhältnis, Ergebnis, Ersparnis etc.).
Morphemgrenzen (morphologisches Prinzip):
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Hauswirtschaftsschule (*Hauswirtschaftschule): Die Schreibung von <s> zwischen Hauswirtschaft- und -schule ist darin begründet, dass es sich um ein Fugen-s handelt, das bei zahlreichen Komposita – insbesondere nach den Suffixen -heit, -ion, -ität, -keit, -schaft und -ung (Wahrheitssuche, Kommunionsgeschenk, Identitätskrise, Sauberkeitsfimmel, Freundschaftsring, Erinnerungsstück) – eingefügt wird. Den Fehler zu erkennen erfordert aufgrund der komplexen Wortbildung sehr genaues Lesen.
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gepflegt (*geflegt): Die Schreibung von <pf> statt <f> ist darin begründet, dass das Wort den Stamm pfleg- (wie in pfleg-en) beinhaltet. Eine relative Schwierigkeit bestehen darin, dass die Konsonantenfolge <pf> in der Umgangssprache zumeist als einfaches /f/ artikuliert wird; die Schreibung mit <pf> muss daher eingeprägt und automatisiert werden.
Vokalische Ableitungen (morphologisches Prinzip):
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häuslich (*heuslich): Die Schreibung von <äu> statt <eu> ist darin begründet, dass sich das Wort von Haus ableiten lässt. Der Fehler ist leicht zu erkennen, weil der Stamm sehr oft verwendet und seine Schreibung entsprechend stark automatisiert ist.
Konsonantische Ableitungen (morphologisches Prinzip):
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letztendlich (*letztentlich): Die Schreibung von <d> statt <t> ist darin begründet, dass das Wort den Stamm end- (wie in End-e) beinhaltet. Schülerinnen und Schüler, die das Morphem nicht erkannt haben, können eine Sammlung von weiteren Wörtern mit dem Stamm end- anlegen.
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bestärkt (*bestärckt): Die Schreibung von <k> statt <ck> ist darin begründet, dass sich das Wort von Stärke ableiten lässt. Da in Stärke das <r> im Endrand der ersten Silbe eine vokalische Qualität annimmt, ist der vokalische Bestandteil der Silbe als lang zu werten. Dadurch ist hier die Schreibung von <ck> ausgeschlossen.
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vorstellte (*vorstelte): Die Schreibung von <ll> statt <l> ist darin begründet, dass sich das Wort von stellen ableiten lässt. Darin bildet das <ll> das Silbengelenk, mit dem die erste Silbe geschlossen und der Vokal somit als Kurzvokal gekennzeichnet wird.
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bereut (*bereuht): Die Schreibung ohne <h> ist darin begründet, dass sich das Wort von Reue ableiten lässt. Anders als bei einfachen Vokalen, bei denen ein silben-initiales <h> geschrieben wird, wenn sie im Silbenanschluss direkt aufeinandertreffen (Ehe, Uhu, wiehern, Ruhe etc.), wird bei Diphthongen – mit Ausnahme von <ei> – kein silbeninitiales <h> gesetzt (bauen, freuen, Säue, etc).
Groß- und Kleinschreibung (syntaktisches Prinzip):
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vierzehn (*Vierzehn): Die Kleinschreibung ist darin begründet, dass es sich um ein Zahlwort handelt, das zu der Klasse der Adjektive gezählt werden kann. Zur Überprüfung kann vierzehn durch andere Adjektive in prädikativer Verwendung ersetzt werden (Ich war... müde / glücklich / hungrig / aufgeregt...). Diese werden ebenfalls stets klein geschrieben.
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die reichen Leute (die *Reichen Leute): Die Kleinschreibung ist darin begründet, dass es sich um ein Adjektiv handelt. Eine gewisse Schwierigkeit, die fehlerhafte Großschreibung des Adjektivs reich(en) zu erkennen, besteht darin, dass vor dem Adjektiv ein bestimmter Artikel steht. Schülerinnen und Schüler haben zum Teil die fehlerhafte Eigenregel internalisiert, dass Wörter, denen ein Artikel unmittelbar vorausgeht, groß geschrieben werden.
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das Sockenstopfen (das *sockenstopfen) / zum Tanzen (zum *tanzen): Die Großschreibung ist darin begründet, dass es sich um nominalisierte Verben handelt. Sie werden zum einen von einem bestimmten Artikel und zum anderen von einer Präposition begleitet. Die besondere Schwierigkeit könnte hier darin bestehen, dass es sich um Tätigkeiten handelt, von denen die Schülerinnen und Schüler zu einem früheren Zeitpunkt gelernt haben, dass sie klein geschrieben werden („Tu-Wörter schreibt man klein!“).
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Gott sei Dank (Gott sei *dank): Die Großschreibung ist darin begründet, dass es sich um ein Nomen handelt. Die Schwierigkeit liegt hier darin, dass Dank zum einen ein Abstraktum ist und zum anderen hier weder einen Artikel mit sich führt, noch in dieser Position einen Artikel mit sich führen kann (*Gott sei ein Dank). Möglicherweise verstehen die Schülerinnen und Schüler Dank als Partizip II (Gott sei gedankt) und begründen damit die Kleinschreibung.
Getrennt- und Zusammenschreibung (syntaktisches Prinzip):
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Sekretärinnenausbildung (*Sekreterinnen Ausbildung): Die Zusammenschreibung ist darin begründet, dass es sich um ein Kompositum handelt und damit in syntaktischer Hinsicht eindeutig als ein Wort zu klassifizieren ist. Zusätzlich liegt hier ein Fehler im Bereich der Fremdwortschreibung (*Sekreterinnen) vor (s. u.).
dass/das (syntaktisches Prinzip):
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dass (und hier nicht: das): Die Schreibung von <ss> statt <s> ist darin begründet, dass es sich um den einleitenden Konnektor eines Komplementsatzes handelt. Die Ursache dafür, dass die Verwechslung von <dass> und <das> hier oft nicht erkannt wird, ist auch darin zu suchen, dass das *das hier als Artikel von Mädchen interpretiert werden könnte. In dem gegebenen Kontext ist das aber nicht möglich, da es sich bei Mädchen hier um die (nicht markierte) Pluralform handelt. Das lässt sich leicht feststellen, indem der Artikel eingefügt wird: „... dass die Mädchen studierten“.
Fremdwortschreibung:
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Karriere (*Kariere): Die Schreibung muss eingeprägt und automatisiert werden, da die Schreibung nicht den orthografischen Prinzipien des Deutschen folgt. Zwar gibt es auch im Deutschen die Konsonantenverdopplung, diese tritt allerdings nur nach betonten, kurzen Vokalen auf. Bei diesem Wort hingegen ist das /a/ in der ersten Silbe nicht betont, stattdessen fällt der Hauptwortakzent auf die vorletzte Silbe.
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Schreibmaschine (*Schreibmaschiene): Auch dieses Wort – wenn auch sehr geläufig – ist als Fremdwort einzustufen, da es sich in orthografischer Hinsicht anders als Erbwörter des Deutschen verhält. Nach den Prinzipien der deutschen Orthografie müsste der Langvokal /i:/ nämlich mit <ie> verschriftet werden. Wörter wir Maschine, Turbine, Blondine, Aubergine etc. sind als Ausnahmen einzuführen, damit Schülerinnen und Schüler, die – den Regeln der deutschen Orthografie entsprechend – ein langes /i:/ mit <ie> verschriften, nicht von ihrer richtigen Vorgehensweise abgebracht werden.
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Sekretärin (*Sekreterin) / elegant (*ellegant): Beide Fremdwörter müssen auswendig gelernt werden.
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