Die folgenden Bemerkungen beziehen sich ausschließlich auf die Arten von Aufgaben, die in VERA 3 2014 vorkommen.
Die Arbeit mit Lückensätzen und -texten ist im Deutschunterricht in der Grundschule seit Langem geläufig. Kommt es hier vor allem auf vorher intensiv geübte Wörter an, können auch schwache
Schülerinnen und Schüler Erfolge haben.
Bei Aufgaben, in deren Rahmen zu entscheiden ist, ob ein Wort richtig oder falsch geschrieben ist, haben viele Lehrkräfte wie bei Korrekturaufgaben überhaupt Vorbehalte. Sie gehen davon aus,
dass sich die Lernenden „Wortbilder“ merken. Werden sie also mit „falschen“ Bildern konfrontiert, so die These, bestehe die Gefahr, dass diese im Langzeitgedächtnis gespeichert und dann auch in
dieser falschen Form abgerufen werden. Diese „Wortbildtheorie“ gilt aber als widerlegt. Zwar müssen die Schreibungen visuell aufgenommen werden; daraus folgt aber nicht, dass sie auch
visuell gespeichert werden. „Wären visuelle Wortbilder die entscheidenden Einheiten der Speicherung, so müsste es bei Unsicherheiten Fehler geben, die dem richtigen Wortbild visuell
ähnlich sind.“ (Scheerer-Neumann 1986: 177) Ein Kind würde dann z.B. statt Fohlen so etwas wie Eaktam schreiben. Buchstabe für Buchstabe gibt es hier ja große Ähnlichkeiten. Eine Schreibung
wie diese kommt aber bei Kindern, die mit den Laut-Buchstaben-Beziehungen vertraut sind, nicht vor. Insofern spricht nichts dagegen, Richtig-Falsch-Aufgaben im Unterricht einzusetzen. Dabei
kommt es aber darauf an, spezielle „Lernwörter“ von „Regelwörtern“ zu unterscheiden. Fohlen z.B. ist ein Lernwort, weil das Dehnungs-h vor /l/, /m/, /n/ und /r/ manchmal steht, manchmal aber auch nicht.
Die Sortieraufgabe, die oben vorgestellt wurde, hat Behelfscharakter. Sie steht für die Arbeit mit Wörterbüchern im Deutschunterricht der Grundschule. Dass der Umgang mit einem der bewährten Wörterbücher (z.B. Menzel/Richter 2010) immer wieder geübt und zu einer Selbstverständlichkeit werden sollte, ist unstrittig.
Weniger selbstverständlich sind Begründungsaufgaben. Aufgaben wie die hier vorgestellten, die mit dem Prinzip der Morphemkonstanz bzw. mit dem der konstanten Schreibung gleicher Stämme zu tun haben, können mittelfristig u.a. dazu beitragen, dass die Schüler/-innen die Rechtschreibung nicht als etwas Chaotisches, sondern als im Großen und Ganzen nachvollziehbar geregeltes System ansehen. Begründungsaufgaben eignen sich gut, wenn es um
Binnendifferenzierung geht. Die Arbeit an der Formulierung von Regeln, die mehr oder weniger selbstständige Suche nach Beispielen und Gegenbeispielen, die Veränderung von
Regelformulierungen sind Tätigkeiten, die man als „Rechtschreiben erforschen“ (Eisenberg/Feilke 2001) ansehen kann. Sie eignen sich vor allem für leistungsstärkere Schülerinnen und Schüler.
Wir sollten ja auch an sie denken.
Die Überarbeitung eigener kleiner Textentwürfe und der Entwürfe anderer Kinder im Hinblick auf orthografische Aspekte wird in den Bildungsstandards zwar verlangt, ist in der Praxis aber nicht immer leicht zu realisieren. Vor allem schwache Schreiberinnen und Schreiber sind oft nicht motiviert, weil sie davon ausgehen, dass vieles zu korrigieren ist. Setzt man auf Schreibkonferenzen, ist deren Zusammensetzung manchmal ein Problem. Manchen Helferkindern fällt es auch schwer, Korrekturhinweise in wirklich hilfreicher Form zu geben.
Eisenberg, P./Feilke, H. 2001: Rechtschreiben erforschen. In: Praxis Deutsch 170, S. 6-15.
Menzel, W./Richter, I. 2010: Kleeblatt. Das Wörterbuch für Grundschulkinder. Braunschweig: Schroedel.
Scheerer-Neumann, G. 1986: Sprechen, Denken und Rechtschreiben.
Schreibe, wie du sprichst - Rechtschreibhilfe? - falsche Strategie - oder unvermeidlich?- In: Grundschule 18 (1986) 6, S. 20-24.