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Textbeschreibung
Kurzer Text mit einfachen syntaktischen Strukturen und geläufigem Wortschatz
Mit der Aufgabe wird geprüft, ob die Schülerinnen und Schüler einen Text eigenständig hinsichtlich der darin enthaltenen Orthografiefehler überprüfen und diese Fehler richtig korrigieren können. Über die Korrektur der Fehler hinaus erfordert die Bearbeitung derAufgabe auch Entscheidungen hinsichtlich der Richtigschreibungen, da nur dann für eine Auswertungseinheit ein Punkt verteilt wird, wenn ausschließlich der Fehler korrigiert wurde.
Dies entspricht einer authentischen Vorgehensweise, da bei der Korrektur von Texten nur tatsächliche Fehler verbessert werden dürfen. Insbesondere bei Einheit 4 (... von der [gegenüberliegenden] Seite die Straße überqueren, ohne nach rechts und links zu gucken.) stellt auch das Erkennen der Richtigschreibungen eine besondere Schwierigkeit dar. Bei der Erprobung der Aufgabe haben hier über 10 Prozent der Schülerinnen und Schüler zwar den Fehler erkannt und richtig korrigiert, aber zusätzlich weitere, richtig geschriebene Wörter fälschlicherweise verändert. Dies betraf in zahlreichen Fällen das Wort überqueren, das in unterschiedlichen Weisen verschriftet wurde, sowie insbesondere die Wörter rechts und links, die von den Schülerinnen und Schülern jeweils groß geschrieben wurden.
Bei dieser Aufgabe können auch die (falschen) Korrekturen von Richtigschreibungen – insbesondere, wenn erkennbar ist, dass sie wie im Falle von *Rechts und *Links systematisch erfolgen – den Lehrerinnen und Lehrern wichtige Aufschlüsse über falsche Eigenregeln geben, die die Schülerinnen und Schüler gebildet haben. Diese falschen Eigenregeln sollten im Unterricht unbedingt thematisiert werden.
Die Fehlerstellen im Text betreffen die folgenden Lupenstellen und orthografischen Prinzipien:
Vokallänge in der Mehrheit der Fälle / silbisches Prinzip:
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gegenüberliegend (*gegenüberligend): Die Schreibung von <ie> statt <i> ist darin begründet, dass in der deutschen Rechtschreibung ein langes /i:/ i. d. R. mit <ie> verschriftet wird. Die besondere Schwierigkeit, diese Falschschreibung zu erkennen, liegt darin, dass es sich um eine komplexe Zusammensetzung handelt, in der der Fehler nur durch sehr genaues Lesen entdeckt werden kann.
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Spur (*Spuhr): Die Schreibung ohne <h> ist darin begründet, dass hier keine Längenmarkierung notwendig ist, da in der Verlängerung Spuren die erste Silbe offen ist und der Vokal somit lang ausgesprochen wird.
Vokalkürze / silbisches Prinzip:
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hatte (*hate): Die Konsonantendopplung ist darin begründet, dass der Vokal /a/ in der betonten Silbe kurz ist und die Silbe zur Markierung der Vokalkürze geschlossen werden muss. Die geringe Schwierigkeit ergibt sich auch aus der Automatisierung der Schreibung, die mit der häufigen Verwendung des Verbs haben einhergeht.
häufige Morpheme / morphologisches Prinzip:
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Geschwindigkeit (*Geschwindikkeit): Die Schreibung von <g> statt <k> ist darin begründet, dass das Wort aus den Morphemen geschwind-, -ig und -keit zusammensetzt ist. Erleichternd wirkt, dass im Deutschen keine Dopplung des Konsonanten <k> erfolgt und die Graphemdopplung <kk> darum sehr auffällig ist.
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Wahrscheinlich (*wahrscheinlig): Die Schreibung von <ch> statt <g> ist darin begründet, dass das Wort aus den Morphemen wahr, schein und -lich zusammengesetzt ist. Erleichternd wirkt, dass es sich um eine weitgehend automatisierte Schreibung handelt. Als Proben können die Schüler das Wort (dann geläufiger in negierter Form) verlängern (ein unwahrscheinlicher Zufall) oder es in seine Bestandteile zerlegen (wahr-scheinlich). Wenn ihnen bewusst ist, dass es nur die Morpheme -ig und -lich, nicht aber *-lig oder *-ich gibt, ist die Verwendung von -lich eindeutig und nachvollziehbar.
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eilig (*eilik): Die Schreibung von <g> statt <k> ist darin begründet, dass das Wort aus den Morphemen eil- und -ig zusammengesetzt ist. Die Schreibung *eilik kann ausgeschlossen werden, da *-ik kein Suffix des Deutschen ist. Die Schreibung scheint weitgehend automatisiert.
Vokalische Ableitungen / morphologisches Prinzip:
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männlich (*mennlich): Die Schreibung von <ä> statt <e> ist darin begründet, dass sich das Wort von dem Stamm mann ableiten lässt. Erleichternd wirkt, dass es sich um ein häufig verwendetes Wort handelt, dessen Schreibung weitgehend automatisiert ist.
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ohrenbetäubend (*ohrenbeteubend): Die Schreibung von <äu> statt <eu> ist darin begründet, dass sich das Wort von dem Stamm taub ableiten lässt. Die besondere Schwierigkeit, diese Falschschreibung zu erkennen, liegt darin, dass es sich um eine komplexe Zusammensetzung handelt, in der der Fehler nur durch sehr genaues Lesen und durch die Zerlegung in die einzelnen Morpheme entdeckt werden kann. Dabei muss erkannt werden, dass -täub- von taub abzuleiten ist.
Konsonantische Ableitungen / morphologisches Prinzip:
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stand (*stant): Die Schreibung von <d> statt <t> ist darin begründet, dass sich stand zu standen verlängern lässt. Erleichternd wirkt, dass es sich um ein häufig verwendetes
Wort handelt, dessen Schreibung weitgehend automatisiert ist.
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hupte (*hubte): Die Schreibung von <p> statt <b> ist darin begründet, dass der Infinitiv hupen lautet. Wenn Schülerinnen und Schüler diesen Fehler nicht erkennen, liegt möglicherweise eine Übergeneralisierung vor, etwa in Analogie zu lebte (und nicht *lepte).
Groß- und Kleinschreibung / syntaktisches Prinzip:
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das Ganze (das *ganze): Die Großschreibung ist darin begründet, dass es sich um die Nominalisierung eines Adjektivs handelt. Es fungiert als Subjekt eines Nebensatzes und wird von einem bestimmten Artikel begleitet, der ihm unmittelbar vorausgeht.
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das Hupen (das *hupen): Die Großschreibung ist darin begründet, dass es sich um die Nominalisierung eines Verbs handelt. Es fungiert als Objekt eines Hauptsatzes und wird von einem bestimmten Artikel begleitet, der ihm unmittelbar vorausgeht.
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das Kennzeichen (das *kennzeichen): Die Großschreibung ist darin begründet, dass es sich um ein Nomen handelt, das hier als Objekt eines Hauptsatzes fungiert. Die geringe Schwierigkeit der Schreibung ergibt sich auch daraus, dass das Nomen von einem bestimmten Artikel begleitet wird, der ihm unmittelbar vorausgeht und daraus, dass mit dem Wort etwas Konkretes bezeichnet wird.
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ein Glück (ein *glück): Die Großschreibung ist darin begründet, dass es sich um ein Nomen handelt, das hier als Objekt eines Hauptsatzes fungiert. Die geringe Schwierigkeit der Schreibung ergibt sich auch daraus, dass das Nomen von einem bestimmten Artikel begleitet wird, der ihm unmittelbar vorausgeht, und daraus, dass die Schreibung durch die häufige Verwendung des Wortes weitgehend automatisiert ist.
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niemand (*Niemand): Die Kleinschreibung ist darin begründet, dass es sich um ein (quantifikatives) Pronomen handelt. Eine mögliche Schwierigkeit besteht darin, dass die Schülerinnen und Schüler das Wort nicht als Pronomen erkennen und es stattdessen als Nomen einordnen könnten.
Getrennt- und Zusammenschreibung / syntaktisches Prinzip:
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ausweichen (*aus weichen): Die Zusammenschreibung ist darin begründet, dass es sich um ein (trennbares) Verb handelt, das hier in Verbindung mit einem Modalverb in infiniter Form verwendet wird und damit zusammengeschrieben wird. Eine gewisse Schwierigkeit besteht darin, dass das Verb in finiter Form im Präsens und im Präteritum auseinandergeschrieben wird (Das Auto weicht/wich aus.).
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zusammengestoßen (*Zusammen gestoßen): Die Zusammenschreibung ist darin begründet, dass es sich um ein (trennbares) Verb handelt, das hier als Partizip II zusammengeschrieben wird. Die Schwierigkeit besteht darin, dass das Verb in finiter Form im Präsens und Präteritum auseinandergeschrieben wird (Das rote Auto stößt/stieß mit dem blauen Auto zusammen.). Zusätzlich muss hier die fehlerhafte Großschreibung erkannt werden.
das/dass / syntaktisches Prinzip:
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das (und hier nicht: dass): Die Schreibung von <s> statt <ss> ist darin begründet, dass es sich um das Relativpronomen das handelt. Zur Kontrolle kann die Haupt- und Nebensatzkonstruktion in zwei Hauptsätze umgeformt werden: Das blaue Auto kam (...) von der anderen Seite. Das blaue Auto ist mit dem roten Auto zusammengestoßen.
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dass (und hier nicht: das): Die Schreibung von <ss> statt <s> ist darin begründet, dass es sich um den einleitenden Konnektor eines Komplementsatzes handelt. Schülerinnen und Schüler, die bei der Verwendung von dass unsicher sind, können hier weitere Verbalkomplexe sammeln, die einen dass-Satz als Komplement benötigen (Es ist ein Glück, dass... Es ist schade, dass... Er glaubt, dass... Wir hoffen, dass...) und so Schemata für die Verwendung von dass internalisieren.
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